Wir sind Papst (und Habermas)

Die Zeitschrift “Foreign Policy” lässt über “Top 100 Public Intellectuals” abstimmen. Man darf 5 auswählen, so sollen die 20 wichtigsten aus den vorgegebenen 100 ermittelt werden. Außerdem darf man einen eigenen Kandidaten ins Spiel bringen.

Einzige Deutsche auf der Liste: der Papst und Jürgen Habermas… Da muss sich was ändern! Obwohl: mein Joker-Kandidat ist auch kein Landsmann, sondern der Internet-Theoretiker Clay Shirky aus New York. Immerhin findet sich in der Vorauswahl auch eine Reihe wichtiger chinesischer Intellektueller, unter anderem Hu Shuli, die couragierte Chefredakteurin des Wirtschaftsmagazins Caijing.

Das Resultat der Umfrage wird erst in der Juli/August-Ausgabe von FP veröffentlicht.

Spieleabend (I): Furthur!

Ich schlage folgendes Spiel vor: An einem Abend treffen sich vier bis sechs Spieler. Die Aufgabe eines jeden ist es, ein Item vorzubereiten und mitzubringen, von dem mit 99.7%iger Sicherheit gesagt werden kann,

  1. es ist den anderen unbekannt;
  2. es erweitert ihren Erfahrungshorizont;
  3. sie anerkennen 2 (anfängliche Widerstände sind zulässig).

Es gelten einige weitere Spielregeln:

  • Die Präsentation des Items darf nicht länger als 15-20 Minuten dauern;
  • Der Spieler hat sein Item in einem 5-10minütigen Kurzvortrag vorzustellen und zu erläutern. (Er darf diesen Vortrag vor oder nach der Präsentation halten.)
  • Die Präsentation ist liebevoll und sorgfältig vorzubereiten. (Zum Beispiel: Das Vorlesen von Texten wird vorher geübt; für die Präsentation eines YouTube-Videos werden, wenn möglich, Beamer und Lautsprecher mitgebracht.)

Am Ende des Abends, bei dem harte Drinks und leichte Snacks gereicht werden, wird durch Abstimmung ein Sieger ermittelt. Dabei hat jeder Teilnehmer / jede Teilnehmerin das Recht bzw. die Pflicht, Platz 1 (3 Punkte), Platz 2 (2 Punkte) und Platz 3 (1 Punkt) zu benennen. Und wenn Sie sich für Puzzlespiele interessieren, können Sie auch online zu den kauft escape room Gutscheine Spielen gehen, um diese Art von Spielen zu genießen.

Um die Sache etwas zu veranschaulichen, nenne ich ein paar mögliche Items:

  1. Ein polnischer Trickfilm von Walerian Borowczyk aus dem Jahre 1958;
  2. Eine Sexszene aus einem James-Bond-Roman (nicht Film!) von Ian Fleming;
  3. “Also sprach Zarathustra” von Richard Strauß, gespielt vom britischen Dilettanten-Orchester “Portsmouth Sinfonia”;
  4. Immanuel Kants “Von der Hebung und Verhütung krankhafter Zufälle durch den Vorsatz des Athemziehens” aus dem “Streit der Facultäten”

(Auswahl ohne Erfolgsgarantie.)

Das Leben der Anderen (und das eigene)

Die Diskussionen ums twittern, die wir eben auch offline weitergeführt haben, ziehen bei mir eine ganze Reihe anderer Überlegungen nach sich. Zum Beispiel über den Begriff der Diskretion. Der ist weitgehend positiv konnotiert, im Unterschied zum Begriff der Heimlichkeit. Wer diskret ist, hält zurück, was andere eigentlich auch nichts angeht. Eine diskrete Gesprächspartnerin ist insofern eine gute Gesprächspartnerin, als sie auch dann nichts weiterträgt, wenn nicht ausdrücklich Geheimhaltung vereinbart war. Organisationen, die Probleme diskret zu lösen verstehen, haben unseren Respekt, selbst wenn sie uns ein bisschen unheimlich sind.

Heimlichkeit hingegen hat immer den Ruch, dass hier Informationen zurückgehalten werden, die andere eigentlich etwas angehen. In dieser Opposition etwas angehen/nichts angehen steckt der Kern einer jeden Kommunikationsethik, und damit auch der journalistischen Ethik. Ein Sachverhalt geht mich etwas an, wenn er das Potential hat, positive oder negative Auswirkungen auf mich oder eine meiner Communities zu haben.

Bei positiven Auswirkungen sind wir etwas toleranter und erlauben Heimlichkeit zum Beispiel, solange der Sachverhalt noch nicht abgeschlossen oder in seinen Auswirkungen noch nicht eindeutig geklärt ist (die Auswahl des Geburtstagsgeschenks). Bei negativen Auswirkungen gibt es in Grenzfällen eine ähnliche Lizenz zur Heimlichkeit, nämlich wenn (1) die Auswirkungen noch nicht eindeutig geklärt sind und (2) am Ausgang des Geschehens sowieso grad nichts zu ändern wäre (der auf die Erde zurasende Asteroid). Für alle anderen Bereiche erheben wir normalerweise den Anspruch, über das informiert zu werden, was uns angeht, und der Journalismus hat den Auftrag, diesen Anspruch zu erfüllen.

Der Begriff der Diskretion ist zwiespältig, weil er einen Bereich aus der Kommunikation ausschließt, der potentiell durchaus von Interesse sein kann. Diskrete Gesprächspartner sind nur gute Gesprächspartner, insofern sie unsere Geheimnisse zu wahren wissen. Darüber hinaus können sie sehr mysteriös, aber auch gleichzeitig sehr langweilig sein.

Boulevardjournalismus ist normalerweise indiskreter Journalismus. Es gehört zu seinen Marktgesetzen, dass er uns oft über Sachverhalte berichtet, die uns nichts angehen, die wir aber interessant finden.

In einem ähnlichen Sinne könnte man auch versucht sein zu sagen, das Internet sei ein indiskretes Medium: Wir können dort vieles erfahren, was uns nichts angeht. Doch das wäre ein Trugsschluss. Das Internet ist ebensowenig ein indiskretes Medium wie Weblogs Journalismus (oder Müll) sind. Medien sind in den wenigsten Fällen per se so oder so. Es kommt auf den Gebrauch an, den man von ihnen macht.

Womit wir wieder bei Twitter wären…

Medienkompetenz 2.0 (Forts.)

Twitter ist ohne Zweifel eine tolle Sache. Gar nicht so leicht, sich gelegentlich dem Sog des Zwitscherns zu entziehen. Dabei geht es nicht nur um die Privatheit des eigenen Lebens, auch Kommunikation in der Gruppe beruht oft auf deren zumindest temporärer Abgeschlossenheit, auf dem unmittelbaren Vertrauen, das zwischen denen entsteht, die zusammengekommen sind.

Würden wir anders reden, wenn wir wüssten, dass draußen an der Tür 10 Leute lauschen? Selbstverständlich. Befangener. Abgelenkt. Wir brauchen eine Twitter-Policy für Gruppen. Und eine ausgiebige Diskussion über den Begriff des Vertrauens.

Die englischen Kategorien bleiben

Okay. Es wird Zeit für eine wahrscheinlich längst überfällige Entscheidung. Dieses Blog wird künftig wieder auf Deutsch erscheinen. Es auf Englisch zu führen, war ein Experiment und eine interessante Erfahrung, aber das Resultat ist in zweierlei Hinsichten unbefriedigend.

  • Erstens erhöht die Sprachbarriere für mich als Autor die Schwelle, überhaupt Beiträge zu schreiben: Ich muss mich jedes Mal überwinden, in die immer wieder fremde Sprache einzutauchen, und verwerfe Themen, die nur von Bedeutung für eine hiesige Leserschaft sind.
  • Zweitens erreiche ich auf Englisch viele Leute nicht wirklich, die mir als Leser eigentlich wichtig wären – nicht, weil die Sprachkenntnisse fehlten, sondern weil man sich einfach nicht angesprochen fühlt.

Dadurch habe ich mich in den letzten Monaten auch der Herausforderung nicht gestellt, Scarlatti ein klareres Profil zu geben: Es ist ein Gelegenheitsblog geblieben, das sich jeder Verantwortung entzieht – nur sporadisch aktualisiert, und weder wirklich privat, noch wirklich auf andere Themen fokussiert.

Der Kompromiss ist nun, dass hier wieder Deutsch gesprochen wird, und nebenan weiter Englisch. Scarlatti wird weiterhin ein primär privates Blog bleiben, aber ich werde hier häufiger und vielleicht auch deutlicher Stellung beziehen, als es bisher der Fall war. Orchis Tower wird wie ursprünglich geplant der Platz für meine Beobachtungen und Überlegungen zu chinesischen Medien sein, aber vielleicht ist dort hin und wieder auch Platz für andere Themen. Wenn die Zeit es erlaubt und das Thema es hergibt, erscheint vielleicht auch gelegentlich ein Beitrag in beiden Sprachen.

More on the “Chinese Killer Robots” Campaign

Just found another voice of reason in the German media subculture: “Spiegelfechter” Jens Berger (I guess the title of his blog is not meant to be addressed against my favorite tabloid magazine/website – at least not primarily… 🙂 ) has also put some effort in debunking the “chinese killer robots” myth (cf. here). Additionally, he contributed an O’Neill-inspired article about the current China bashing to the German online magazine telepolis.

His arguments even made it into the mind and breathless discourse of German ‘alpha-blogger’ Robert Basic who admits having had the prior impulse to reject Berger’s postings, according to his own anti-chinese prejudice, and then provides some musing about what it takes to liberate your mind and start to think outside social or nationalistic ‘framing’.

“The more wildly the West gesticulate, the narrower the latitude for the reformers”

For the record, I’d like to point to this very thoughtful and interesting interview (english translation at ESWN) with former Wirtschaftswoche China correspondent Frank Sieren, which goes far beyond an evaluation of the immediate Tibet issue and media scare, and addresses questions like why the Germans respond to the Chinese challenge with either enthusiasm or panic, but so little in between.

Domestic Dirt

There are few things more disturbing than the taking over of politics by uninformed emotion. One thing that actually is more disturbing is when media are using and inciting such take-over for their own cheap profit. I had hardly caught my breath again after Spiegel Online’s last, mildly put: questionable spin of the ongoing Tibet crisis, when my eyes fell on this story today:

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(The headline says “People like that don’t belong on our streets” (as a quotation), and the teaser and the article insinuate that the blue-clad chinese security guards accompanying the torch relay – who, as far as I know, haven’t committed any sin – are some “ominous” elite soldiers “moving like robots” and “allegedly trained to kill when necessary”.)

This in my eyes not only borders on, it is a piece of shitty propaganda journalism. In a badly understood, emotionally charged situation like the pre-Olympic Tibet campaign, this is an example of irresponsible reporting if there ever was one. And its effects go far beyond the domestic readership. I guess the staff at Spiegel Online are not aware of the fact that German media are closely watched by Chinese netizens in online forums, and that it is not only the dreaded state and party leaders that might feel attacked and offended by such biased reporting and the mindset expressed in it, but also a broad majority of ordinary Chinese who happen to care a lot for the upcoming Beijing Olympic Games (and its torch relay), for many reasons, not least because they are seeing the event as a symbol of their nation’s rise out of poverty, a symbol of openness and hope.

And may I add that, after the notorious “Yellow Spies” title story, Der Spiegel gets (and deserves) special attention in China, and not exactly for its investigative depth?

Well, I guess, not much of this will be heard at a time when moral righteousness comes so cheap, and we all know so much about China and Tibet and what is right and what is wrong. So let me just humbly remind us all of the rules of professionalism, especially of a maxim of the late doyen of german journalism, Hanns Joachim Friedrichs, which I slightly alter for my purpose and reduce it to the low standards we are here dealing with: A journalist shouldn’t back a cause, even if his gut feeling tells him it’s a good one.

It is the job of good journalism to contribute to the explanation and understanding of a complicated situation, not to exploit it for sensationalism and propaganda.

(Fairness demands to add that in the Spiegel Forum discussion there are some other readers’ voices as critical with this story as me. Would that the Spon staff start to listen to them!)

Update 09.04.08, 8 pm: Well, obviously SpOn hasn’t even done too much genuine research on this matter (surprise!), but is just surfing the wake of mainstream British media, even in the use of its pejorative vocabulary. See this wonderful analysis of the current scaremongering and its historical background by Brendan O’Neill, editor of the leftist british online magazine Spiked. (Thanks to Jing in the Comments for the reference!)

Strange Movies from the Past (I): A Man and a Woman

“Un homme et une femme” by Claude Lelouch is a very stylish french movie from 1966. It’s a straightforward love story about two widowers who meet by accident at the boarding school of their children and fall for each other. Like with any good piece of this genre, obstacles have to be overcome and are. Race car driving plays an important role. Everything is told in the simplest possible way, with a minimum of dialogue, mostly through pictures and grandiose acting (Jean-Louis Trintignant and Anouk Aimée playing the leads). The photography, in colour and black and white, is simply amazing, there are moments that take your breath away. Very few directors now have the skill to achieve anything like that, and it has be done with a rather small budget. Großes Kino.