Sorkin’s High

Als notorischer Zuspätkommer arbeite ich mich gerade Folge für Folge durch längst abgelaufene Staffeln von West Wing. Für alle, die sie noch nicht kennen: diese US-Fernsehserie, die in sechs Staffeln von 1999 bis 2006 produziert wurde, gehört meines Erachtens zum Besten, was der US-amerikanische Intellekt in den letzten Jahrzehnten zustandegebracht hat.

Präsentiert wird das Weiße Haus als schamloses Idealbild politischen Handwerks, geprägt von Klugheit, Menschlichkeit und Pragmatismus – zugleich als ein Idealbild amerikanischer Kultur, dem leider in der Washingtoner Wirklichkeit derzeit immer noch ein H. C. Andersenscher Zerrspiegel vorgehalten wird.

Das Ganze spult als Kammersinfonie in meist atemberaubendem up tempo ab, mit Bachscher Virtuosität werden Stimmen und Motive auseinander und wieder zusammengeführt. Das permanente Adrenalin-High der Akteure teilt sich aufs Angenehmste dem Zuschauer mit (zumal, wenn er als Nicht-Muttersprachler den schnellen, jargongespickten und teilweise extrem lakonischen Dialogen auf Englisch folgen muss).

Erfinder des Ganzen und Drehbuchautor der meisten Folgen war der immer wieder von Erschöpfung und Drogenproblemen geplagte Aaron Sorkin, der jedoch nach der vierten Staffel wegen Querelen mit Warner Brothers das Handtuch warf. Sorkins Stimme prägt die Serie so sehr, dass man manchmal den Eindruck hat, das ganze Personal habe dieselbe Art von Intelligenz und denselben Humor. Aber merkwürdiger Weise schadet das dem Vergnügen nicht. Man kann ihm einfach stundenlang zuhören.

1 Comment

  1. sollte vielleicht wirklich mal ne folge ansehen. höre nicht zum ersten mal, dass west wing gut sein soll.

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