2009 war für mich persönlich ein annus horribilis, das vor allem im Zeichen trauriger familiärer und privater Ereignisse stand. Gleichzeitig war es aber auch ein Jahr, in dem sich objektive, zeitgeschichtliche Prozesse mehr und mehr in den Vordergrund gedrängt haben. Ereignisse wie die fortgesetzte Finanzkrise und die völlig inadäquate, hilflose Antwort der Politik auf diese globale Katastrophe. Oder die rabiaten Vorstöße der Unterhaltungs- und Medienbranche, staatliche Regulierungen zur Sicherung ihrer überholten Geschäftsmodelle durchzusetzen. Wiederum scheint es, dass die traditionellen politischen Verfahren nicht in der Lage sind, etablierter Wirtschaftsmacht die notwendigen Grenzen zu setzen, selbst dann, wenn diese strukturell mit dem Rücken zur Wand steht.
Christiane Schulzki hat gerade mit einem etwas weiteren historischen Fokus zurückgeblickt und von einem “verlorenem, katastrophalen Jahrzehnt” des Datenschutzes gesprochen. (Wo wären wir, wenn es nicht wenigstens die unerschrockenen Aktivisten von Foebud gäbe?) Ich würde noch einen Schritt weiter gehen und auch im Hinblick auf den Journalismus, zumindest hierzulande, von einem “verlorenen Jahrzehnt” sprechen. Trotz der Medienrevolution, die unzweifelhaft im Gange ist, fehlt es an Ideen, Impulsen, neuen Produkten und Artikulationsformen. Stattdessen allenthalben Erosion und Stagnation.
Mir scheint, wir digital natives haben uns viel zu sehr von den formalen Prozessen faszinieren lassen, von all den Moden oder Hypes der letzten Jahre, von Facebook, Blogs und Twitter, von den angeblich ‘sozialen’ Medien, deren großes Potential uns allen so wichtig ist, dass wir darüber Manifeste verfassen und Hymnen singen. Gleichzeitig sind wir damit gescheitert, Anliegen zu identifizieren und zu entwickeln, für die es sich lohnt, diese Instrumente in Anschlag zu bringen. Obwohl diese Anliegen, wenn man genau hinschaut, auf der Straße liegen. Und es scheint niemand sonst mehr da zu sein, der sie sich wirklich zu eigen macht.