Das war ein Jahr der Politisierung für mich. Im Sommersemester habe ich Seminare über Journalismus in Zeiten von Desinformation und Populismus angeboten. Ich habe mir – in Vorträgen und hier im Blog – darüber Gedanken gemacht, wie man den Journalismus diskursiv aufrüsten könnte. Im September bin ich Mitglied der Grünen geworden, bislang allerdings noch als Karteibaby ohne aktive Mitwirkung. Gleichzeitig habe ich mich bemüht, mich aus der chronischen Schockstarre im Angesicht meiner Twitter-Timeline, besonders zu Themen wie Putin, Trump, Brexit oder AfD, zu lösen.
Mein Weltbild ist insgesamt pessimistischer, misanthropischer geworden. Das soll mich aber nicht daran hindern, meine kleinen Beiträge dazu zu leisten, dass diejenigen, die jetzt in diese von Dummheit, Rücksichtslosigkeit und Gier dominierte Welt hinein aufwachsen, noch so etwas wie eine Zukunft vorfinden. Ein Leitmotiv für mich ist die Rückgewinnung politischer Handlungsfähigkeit gegenüber den angeblichen ökonomischen, gesellschaftlichen, evolutionären Sachzwängen.
Eine weitere Einsicht betrifft die immense Bedeutung und Tragweite des Feminismus und seiner assoziierten Bewegungen: Im Kern nicht nur der aktuellen reaktionären Ermächtigungswellen, die wir gerade an so vielen Orten erleben, sondern auch aller bestehenden toxischen gesellschaftlichen Herrschaftsstrukturen, findet man immer wieder eine durch nichts gerechtfertigte Anspruchshaltung meiner männlichen Geschlechtsgenossen. Es wird Zeit, dass wir uns zurücknehmen.