Vor vielen Jahren habe ich meinem Schulfreund Daniele Dell’Agli seine persönliche Website gebaut. Und weil ich ein bisschen Rock’n’Roll (für meine Verhältnisse) haben wollte, habe ich das mit Zope gemacht. Erinnert sich noch jemand? Zope war (und ist) ein Python-basiertes Framework für Webapplikationen (Guido van Rossum gehörte zwischen 2000 und 2003 zu Zope Corp), irgendwann Mitte/Ende der 90er Jahre entstanden und damals (und immer noch) ziemlich cool und mächtig. Nach meinem Weggang 2001 hat der damalige Webmaster Peter Buhr das gesamte Content Management von ZEIT ONLINE auf Zope umgestellt, von dem wir beide begeistert waren, und die Seite ist damit viele Jahre lang sehr gut gefahren.
Aber leider ist Zope inzwischen völlig vergessen. So musste ich schon 2010, nachdem Martin Virtel seinen privaten Linuxserver, auf dem unser Website lief, von Provider-Urgestein Ecce Terram in Oldenburg zurück ins eigene Arbeitszimmer geholt und eingemottet hatte, zu einem obskuren britischen Provider ausweichen, der für halbwegs erschwingliches Geld Zope-Hosting anbot.
Vor ein paar Wochen dann die Meldung meines Freundes Daniele: Die Seiten sind down! Eine Anfrage beim Support des Londoner Providers ergab, dass man auf neue Server umgezogen sei, und dabei habe man halt einige anachronistische Infrastrukturen aufgegeben. Rekonstruktion? Das solle ich gerne versuchen, aber es könne “ziemlich schwierig” werden…
Was soll ich mich streiten. Es gab irgendwo ein altes Backup. Ich habe also erstmal ein gebrauchtes Chromebook herangeschafft, und dann habe ich gestern abend mit Crouton darauf Linux installiert (Linux auf dem Chromebook, das ist auch Rock’n’Roll). Dort musste dann erstmal neben dem mitgelieferten Python eine alte Python-Version aufgespielt werden, sowie die Kompressionsbibliothek zlib. Anschließend konnte ich mir ein (ebenfalls altes, aber mit dem Backup kompatibles) Zope kompilieren.
Nach ein bisschen Gerangel mit den Unix-Rechten, dann der Durchbruch: cd /opt/Zope2.11/bin, sudo ./zopectl fg . Import dellagli.de.zexp . Et voilà:
Mit dem hilfreichen Firefox-Addon Scrapbook habe ich eine statische Kopie der Seiten gezogen. Die war zwar ohne die letzten Updates und andere Bells and Whistles (Lyriklesungen in Audio, ein Kalender, der jeden Tag ein anderes Kurzgedicht präsentiert, eine funktionerende Suche etc.) – aber immerhin…!
Nachdem ich die Seiten dann gestern Nacht gegen 3 Uhr morgens auf irgendeinem Groschen-Webspace wieder ins Netz gestellt hatte, meldet sich heute nachmittag der Support des Londoner Providers, ein freundlicher Typ namens Mohammad. Ob ich denn immer noch an einer Rekonstruktion des alten Zope-Angebots interessiert sei? Er könne sich jetzt mal dran setzen, den Schaden zu beheben. Zehn Minuten später, die zweite Mail: Alles würde wieder laufen.
So bin ich jetzt im Besitz eines neuen Drittcomputers, eines zwei Jahre alten Acer-Chromebooks. Das ist klasse. Startet in 10 Sekunden, hat einen Touchscreen, läuft auf Batterie fast zehn Stunden, und nebenbei kann ich mit zwei Handgriffen auf Linux umschalten und digitale Archäologie betreiben oder programmieren lernen, oder sowas. Basteleien, Jungszeug halt.
PS: Musikalisches Begleitprogramm war diesmal nicht Radio FIP, sondern das ebenfalls ziemlich coole Radyo Babylon aus Istanbul. Free Deniz Yücel!