In dem Projekt, mit dem ich mich in den nächsten Jahren beschäftigen will, geht es um Legitimation und mögliche Zukunft öffentlich-rechtlicher Medien in Deutschland. Dieses Thema lässt sich natürlich nicht isoliert betrachten von der Entwicklung vergleichbarer Medien in anderen, europäischen oder außereuropäischen Ländern. So steht gerade in Großbritannien die Zukunft der BBC zur Diskussion, einer Anstalt, die nicht nur als historisches Vorbild ein geradezu definitorisches Leitmedium für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland ist. Auch in den benachbarten Alpenrepubliken Schweiz und Österreich wird um Ob und Wie einer Weiterführung öffentlich-rechtlicher Medien gerungen, und manche Lehren lassen sich aus einer Betrachtung dieser Auseinandersetzungen ziehen.
Öffentlich-rechtliche Medien stehen als relativ große gesellschaftliche Institutionen in verschiedenen Konfliktlinien. Je nach Position und Rolle der beteiligten oder betroffenen gesellschaftlichen Akteure erscheinen sie in unterschiedlichem Licht. Den privaten Medienanbietern beispielsweise sind sie als wohlfinanzierte Konkurrenten ein Dorn im Auge, vielen Medienkonsumenten als ebenso unumgehbarer wie unerwünschter Kostenfaktor im Medienbudget. Aber auch unabhängig von spezifischen Interessenlagen gibt es Kritik an Qualität, Effizienz oder Auftragserfüllung der öffentlich-rechtlichen Anbieter und ihrer Angebote.
Es ist naiv anzunehmen, man könne sich aus diesen Gemengelagen im Sinne einer wissenschaftlichen Objektivität vollständig heraushalten. Deshalb betreibe ich dieses Projekt mit offenem Ausgang, aber von einer bewusst gewählten Perspektive aus. Im viel zitierten Aufgaben-Trio für öffentlich-rechtliche Medien von Information, Bildung und Unterhaltung geht es mir vorrangig um eine Sicherung der ersteren beiden, insbesondere des journalistischen Anteils. Dem liegt das Wissen darum zugrunde, dass zu einer offenen, demokratischen Gesellschaft eine wohl-informierte Bürgerschaft notwendig ist, und die feste Überzeugung, dass sich diese nur über eine wirtschaftlich gesicherte, gegen Unsicherheiten des Marktes ebenso wie gegen Zugriffe politischer Macht geschützte Medien-Infrastruktur erreichen und erhalten lässt.
Damit soll keine Aussage gegen die Notwendigkeit von Unterhaltung im öffentlich-rechtlichen Programmportfolio getroffen werden. Das Argument beispielsweise, dass nur auf dem Umweg der Unterhaltung den informierenden und bildenden Programmen genug Publikum zugeführt werden kann, muss geprüft werden. Und es mag natürlich andere Argumente geben, auch im Unterhaltungssektor bestimmte Bereiche dem nicht immer segensreichen Einfluss des Marktes zu entziehen: die Nachwuchsförderung zum Beispiel, oder die Setzung und Verfolgung qualitativer Standards, die sich nicht unmittelbar in Markterfolg niederschlagen.
Zu den relevanten Rahmenbedingungen der Problemlage gehören drei entscheidende, miteinander eng zusammenhängende Faktoren:
- technischer Medienwandel (Digitalisierung, Internet, soziale Medien, mobile Endgeräte)
- veränderte Nutzungsgewohnheiten
- Krise kommerzieller journalistischer Medien (Kontraktion des Anzeigenmarktes, Niedergang der Mittelschichten)
In diesem Kontext will ich zwei zentralen Fragenkomplexen nachgehen:
- Wie lässt sich die Existenz journalistischer öffentlich-rechtlicher Medien weiterhin oder künftig rechtfertigen?
- Wie sollten öffentlich-rechtliche Medien künftig aussehen?