Bill Emmott, Chefredakteur des Economist, ist zurückgetreten! Das hat eine ähnliche Bedeutung, als wenn Tony Blair zurückgetreten wäre. Obwohl – nein, wenn Blair zurücktritt, ist klar, dass Gordon Brown die Geschäfte übernimmt. Dieser Rücktritt ist spektakulärer.
Bill Emmott ist so alt wie ich, 49. Er ist seit 1980 beim Economist und seit 1993 Chefredakteur. Unter seiner Leitung hat sich die Leserschaft mehr als verdoppelt. Er hat aus dem Blatt ein wirklich globales Medium gemacht. Und er hat sich unter anderem auf dramatische Weise mit Silvio Berlusconi angelegt.
Ein Problem scheint Emmotts ausgeprägter und mitunter tendenziöser Philo-Amerikanismus gewesen zu sein. Lange, viel zu lange, hielt er an Bush jr. fest, nötigte die Redaktion immer wieder zu offener Parteinahme. Gelegentlich spürte man auch als naiver Leser den Widerstand im eigenen Hause. Vergleichsweise offen kam das in der Jubiläumsausgabe im November 2003 zur Sprache, als die scheidende Redakteurin Barbara Smith (sie war seit 1956 beim Economist gewesen – dem Jahr, in dem Emmott und ich zur Welt gekommen sind) zurückblickend über die Diskussionen zum Beginn des aktuellen Irak-Kriegs schrieb: “The paper was painfully split”.
Vielleicht war es diese Frage, die Emmott jetzt zum Rücktritt bewog oder sogar zwang. Vielleicht blieb ihm, angesichts Bushs katastrophaler Amtsführung, nach allem nichts anderes übrig, als zu gehen. Es würde für den Economist sprechen – eine der wenigen Publikationen, die Position beziehen und darüber hinaus den Anspruch verfechten, dass diese Positionen auf rationalem Weg zustande kommen.
Emmott jedenfalls will jetzt Bücher schreiben, zum Beispiel über die Rivalität zwischen Japan und China. Nicht gerade unverfänglich. Aber auch nicht so riskant wie das transatlantische Verhältnis – zumindest aus europäischer Perspektive.