Boah, ist die dick, Mann!

Die ZEIT wird 60. Gelegenheit, sie mal in Schutz zu nehmen gegen einen wirklich dummen Vorwurf, der geradezu reflexhaft immer wieder gegen diese Zeitung hervorgebracht wird: “Die ZEIT”, heißt es dann immer, “die habe ich während meines Studiums gelesen – billiges Studentenabo, Sie verstehen. Jetzt lese ich sie nicht mehr, sie ist mir einfach zu umfangreich. Das schafft man ja nie, die von Anfang bis Ende durchzulesen.” So als müsse man es diesem Blatt vorhalten, dass es nicht mit deutschem Geiz und Gründlichkeitswahn kompatibel ist. Mit dem Zwang, alles von A bis Z auch zu konsumieren, wofür man schließlich Geld ausgegeben hat.

Verständlicher hingegen finde ich eine andere Vorhaltung, die nicht selten in Kombination mit der ersteren dargebracht wird: sie bezieht sich auf das unhandliche Format der Zeitung. Zumindest am Anfang, habe ich mir erzählen lassen, als die ZEIT vor ein paar Jahren mit dem neuen Format der Literaturbeilagen experimentierte, gab es jedesmal eine Flut von Leserbriefen, die genau diese handliche Größe auch für die Mutterpublikation einforderten. Dieser Forderung schließe ich mich an. Ich möchte endlich auch ohne peinliches Hantieren die ZEIT im ICE lesen können. Wie man aber die “gefühlten 327 Seiten Umfang” auf halber Größe unterbringen soll, weiß ich auch nicht. Und so werden wir wohl weiterhin mit dem Großformat leben müssen.

Dieter Buhl, ehemaliger Washington-Korrespondent und ZEIT-Urgestein, hat es mir einmal so erklärt: In der Nachkriegszeit waren zunächst auch die Zeitungen dünn. Als dann der Wohlstand einbrach, war man so stolz auf den Zuwachs an Umfang seiner Presseorgane, dass man sogar in der Werbung für teure Aktenkoffer eine große, dicke ZEIT aus der Seitentasche herausschauen ließ. Das waren die glücklichsten Zeiten am Speersort. Davon könne man sich nun nicht so ohne weiteres freiwillig verabschieden.

1 Comment

  1. Tja, die Tabloidisierung wird weiter voran schreiten. Und Im Endeffekt liest man eine Zeitung ja eh gefaltet. Wahrscheinlich kommt das Unbehagen, Blätter mit Anspruch auf Tabloidmaße zu verkleinern daher, dass diese Größe eher von Boulevardheften oder U-Bahn-Info-Blättern bevorzugt wird.

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